Das Erbeben von Ljubljana 1895

In Zagreb gab es jüngst wieder ein Erdbeben. Das erinnert daran, dass Erdbeben im ehemaligen Jugoslawien keine Seltenheit sind.

Am bekanntesten dürfte wohl das Erdbeben von Skopje im Jahr 1963 sein, das auch schon mehrfach Thema auf dieser Seite war. Aber auch in Montenegro (1979) und in Banja Luka (1969) sind vielen noch in Erinnerung.

Hotel_Slavija,_1979_Yugoslavia_Earthquake

Hotel „Slavija“in Budva, Montenegro, 1979. Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Hotel_Slavija,_1979_Yugoslavia_Earthquake.jpg#/media/Datei:Hotel_Slavija,_1979_Yugoslavia_Earthquake.jpg

Wenige wissen, dass es auch in Ljubljana im Jahr 1895 ein Erdbeben gab, in dessen Folge auch eine wesentliche Umgestaltung der Stadt stattfand.

Wolf_street,_Ljubljana,_in_1895

Diese Nachwirkungen hat der Reiseschriftsteller und Balkanforscher Hermann Wendel in seinem Text „Krainer Tage“ Anfang der 1920er Jahre so erlebt:

Wer am Staden entlangschlendernd die Häuser am rechten Ufer der Ljubljanica auch nur ein wenig obenhin betrachtet, gewahrt ihrer etliche mit schmuckloser Front und langen Gitterbalkonen über die ganze Breite jedes Stockwerks, Behausungen angenehm durch die Natürlichkeit ihrer Linien und die Selbstsicherheit ihrer Zweckform, Hast du das alte Laibach nie gekannt, so ahnst du seine Wesenheit aus diesen Häusern und aus mancher verschwiegenen Gasse mit entzückender Krümmung.

Aber 1895 schüttelten die unterirdischen zottigen Burschen, die unsere ganze Herrlichkeit widerwillig auf stämmigem Rücken tragen, die Stadt, wie ein Pferd sein Kummet schüttelt, Viele Mauern purzelten zu Trümmern, viele Häuser klafften mit unheimlichen Rissen, ganze Straßen mußten mit Balkengerüsten vor dem Umkippen bewahrt werden, Doch nach dem ersten Schrecken riefen rührige Stadtväter: Bravo! Jetzt hat die Spitzhacke Arbeit, die schon längst vonnöten war! Niedergebrochenes und Schwerbeschädigtes verschwand, und eilfertig wurden ach! „moderne“, ach! „großstädtische“ Gebäude ohne Gesicht, mit Stuckfassaden, mit aufgeklebter Ornamentik, mit verlogenen Zieraten im Berliner Kitschstil aufgeführt.

Sieh dir als Proben des neuen Ljubljana, soweit es sich in Bauten ausspricht, das Hotel Union an oder die großen Steinkästen links und rechts der Stritarjeva ulica, o weh! o weh!, der frevle Wunsch nach einem neuen Erdbeben springt in dir hoch.

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