Utopie und Wirklichkeit: Der „neue“ Bahnhof in Skopje

Dies ist die Fortsetzung der Beiträge „Skopje: Versteckte Erinnerung an die größte Naturkastrophe, die Jugoslawien traf“ und „Skopje: Ein utopischer städtebaulicher Phoenix versucht zu fliegen“ zum Erdbeben in Skopje 1963 und dem anschließenden Wiederaufbau.

An das verherrende Erdbeben in Skopje im Jahr 1963 erinnert auch heute noch weithin sichtbar das frühere Bahnhofsgebäude. Dieses beherbergt nämlich nicht nur ein Museum, sondern an seiner Außenfassade dokumentiert die Bahnhofsuhr, die damals aufgrund der Erdstöße zum Stillstand kam, heute noch die exakte Uhrzeit des Erdbebens.

Skopje Erdbeben 1 (5)

fühlen

Dubrovnik-Tokio-Skopje

Tange griff bei seiner Planung für Skopje auf Konzepte zurück, die er gerne in der japanischen Hauptstadt Tokio umgesetzt hätte.

Entstehen sollte eine utopische humane Stadt mit schlichten Hochhäusern, die sich positiv von den sonst üblichen Plattenbauten abhoben. Geplant war eine Stadt, die nach dem Vorbild von Dubrovnik (ja, Sie haben richtig gelesen, Dubrovnik sollte Vorbild für die Neugestaltung von Tokio werden, die dann jedoch in Skopje umgesetzt wurde) von einer symbolischen „Stadtmauer“ – die hier von Wohnblöcken gebildet werden sollte – umschlossen werden sollte. Hinzu kommen sollte ein „Stadttor“, zu dem der auf einer Hochbrücke gebaute Bahnhof gehören sollte.

Fußgänger im Zentrum der Planung, aber bei der Umsetzung vergessen

Als wir uns den Bahnhof ansehen wollten, näherten wir uns aus der Innenstadt zu Fuß.  Kein leichtes Unterfangen, da wir hierzu eine breite und sehr beliebte Straße überqueren müssen. Wir fühlen uns als Fußgänger unwohl und überlegen, ob wir in dieser Planung überhaupt vorgesehen waren (Ähnliche Gefühle haben Sie vielleicht schon einmal beschlichen, wenn sie versucht haben zu Fuß in Köln einen der Ringe zu überqueren).

Skopje Bahnhof (7)

Immerhin gibt uns die Wartezeit an den Fußgängerampeln Zeit, die Graffiti auf den Schaltkästen in der Umgebung des Bahnhofs zu studieren. Zufall oder nicht: Die dort abgebildeten Wesen sehen wie Außerirdische aus und haben damit durchaus einen Bezug zum Thema Utopie.

Skopje Bahnhof (9)

Mit der schlechten Erreichbarkeit des Bahnhofs wird bereits der erste Widerspruch zwischen Wunsch und Wirklichkeit bzw. Planung und Umsetzung deutlich.

Gedacht war dies nämlich ganz anders. Eigentlich sollten für die Fußgänger vom Bahnhof aus Stege über die Straßen hinweg zum Zentrum führen. Der Fußgänger sollte damit über die Autofahrer erhoben werden. Ein in den 1960-ern (und allem Anschein nach auch heute noch) sehr, um nicht zu sagen: zu – fortschrittlicher Gedanke.

Treppen, geschlossene Schalter, leere  Räume

Relativ eingerschüchtert von dem Verkehr erreichen wir endlich den Bahnhof, genauer: dessen Tiefgeschoss. Um zum Bahnsteig zu kommen, muss drei (oder waren es nur zwei?) Stockwerke überwinden.

 

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Dabei kommt man man aufgelassenen Fahrkartenschalter sowie verschlossenen oder verwaisten Warteräumen vorbei.

 

Ein bisschen erinnert das Ganze hier an die menschenleere Raumstation in einem Science-Fiction-Film.

Oben auf dem weitläufigen, aber menschenleeren Bahnsteigen angekommen, fühlt man sich dann einn bißchen wie notgelandet auf einem Wüstenplanet.

Skopje Bahnhof (25)
Viel Platz für wenige Fahrgäste und fast ebensowenige Züge.

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Der Fahrplan verzeichnet nur wenige Verbindungen pro Tag. Eine internationales Linie  ist nicht mehr dabei. So erklärt sich auch, warum der entsprechende Fahrkartenschalter offensichtlich schon seit längerem geschlossen ist.

Lange hält es uns nicht in diesem Bahnhof.

Belebter Busbahnhof gleich nebenan

Wir schauen noch in den Busbahnhof, der sich vorbildlich angebunden direkt neben dem Hauptbahnhof befindet. Schnell wird klar, dass das „Raumschiff Hauptbahnhof“ nicht wegen eines heimtückischen Weltraumvirus wie ausgestorben daliegt, sondern als Ergebnis eines marktwirtschaftlichen Mechanismus. Der Busbahnhof nämlich ist relativ belebt.

 

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Kein Wunder, hier gibt es auch mehr Verbindungen, die zwar ein bißchen mehr kosten, aber zudem meist erheblich schneller sind.

Dunkler Tunnel verspricht Musik

Nachdenklich verlassen wir den Bahnhof durch den dunklen Tunnel entlang der Straße.

 

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Auch hier fühlen wir uns durch die Architektur als Fußgänger nicht unbedingt aufgewertet.

Erst am Ende des Tunnels wird unsere Stimmung wieder freundlicher, da wir dort mit Ankündigungen von musikalischen Ereignissen begrüsst werden.

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