
Wahlkommission überprüft Wählerverzeichnis
Im Vorfeld der auf Druck der EU und der USA vorgezogenen Neuwahlen in Mazedonien hat die Wahlkommission die Angaben im Wählerverzeichnis mit den Personendaten von zehn weiteren staatlicher Institutionen abgeglichen.
Ziel dieser Maßnahme ist es, „Phantomwähler“, also real nicht existierende Personen, beispielsweise Verstorbene, aus den Listen zu streichen, um zu verhindern, dass in deren Namen Stimmen abgegeben werden. Dabei wurde eine große Anzahl von Unterschieden zwischen den Wählerlisten und den behördlichen Datenbankenfestgestellt.
310 000 Zweifelsfälle, (zu?) hoher Prozentsatz von Stimmberechtigten
Nach den von der Kommission veröffentlichten Feststellungen sollen bei mehr als 310 000 Eintragungen im Wählerverzeichnis Klärungsbedarf bestehen. Nach Informationen von Balkan Insight sollen 192,000 in den Wählerlisten geführte Personen in keiner anderen behördlichen Datenbank geführt werden. Außerdem sei bei weiteren 35,000 gemeldeten Wählern festgestellt worden, dass diese mit Adressen gemeldet seinen, unter denen eine ungewöhnlich hohe Anzahl anderer Personen, mitunter bis zu einigen Dutzend, gemeldet seien.
Insgesamt sind in Mazedonien 1, 8 Millionen Stimmberechtigte verzeichnet. Dies wird von Beobachtern in Anbetracht einer Gesamtbevölkerung von nur etwas über zwei Millionen als verwunderlich angesehen. Radio Europa etwa meldet, dass nach Angaben des staatlichen mazedonischen Statistikamtes Mazedonien Ende letzten Jahre 2.069.172 besessen hätte, aber in den Wählerverzeichnissen für die Präsidenten- und außerordentlichen Parlamentswahlen des Jahres 2014 als Wähler 1.780.128 Personen eingetragen gewesen seien.
Nach Berichten der Nachrichtenagentur Srna haben erste diesbezügliche Überprüfungen bereits erhebliche Unstimmigkeiten bestätigt: So seien in einem verlassenen Haus in Skopje siebenundsechzig Wähler gemeldet, in zwei Baracken sollen 115 bzw. 59 Wähler wohnhaft sein. Diese Fälle sollen nun durch Ortbegehungen und Tür-zu-Tür-Befragungen und -Kontrollen überprüft werden.
Leak und gesunkene Zahlen sorgen für Irritationen
Die Bekanntgabe dieses Untersuchungsergebnis war von Irritationen begleitet.
Am Donnerstag, 18.März berichteten nämlich Medien, darunter der englischssprachige Informationsdienst Balkan Insight, dass die Wählerlisten nicht weniger als 495 000 zweifelhafte Eintragungen enthalten würden. Im bekannt gemachten Bericht, dessen Erscheinen zudem um zwei Tage verschoben worden war, war dann von einer um mehr als 180.000 geringeren Zahl die Rede. Ursache für die Korrektur und die Verschiebung sei, so mutmaßen Medien, politische Einflüsse auf die Kommission gewesen. Die Kommission betont dagegen, bei dem „geleakten“ Bericht habe es sich nur um einen vorläufigen gehandelt.
Montenegrinische Zeitung sieht Gemeinsamkeiten in der Region und zitiert Witze
Die in Montenegro erscheinende Tageszeitung „Vjesti“ nahm bereits im Februar den Zustand der Wählerlisten und den Umstand, dass auch bezüglich des Ablaufs verschiedener anderer Wahlen in der Region von einigen Zweifel angemeldet werden, zum Anlass eine Auswahl von Witzen zu den Wahlen in Montenegro, Serbien und Mazedonien abzudrucken.
Hier eine Auswahl:
Montenegro: Wahlen als Chance, den toten Vater wieder zu treffen?
Der Witz aus Montenegro spielt auf das Klischee an, dass Montenegriner so faul wären, dass sie sogar einen Stuhl neben dem Bett stehen hätten, um sich morgens gleich nach dem Aufstehen vom Schlafen erholen zu können, an. Er handelt nämlich von einem montenegrinischen Wähler, der nach Verlassen der Wahlkabine um einen Stuhl bittet. Die Wahlhelfer fragen ihn, ob ihn die Stimmabgabe wohl so ermüdet hätte.
Darauf er: „Nein, ich möchte nur auf meinen Vater warten“.
Der Wahlhelfer antwortet: „Aber den können Sie doch zu Hause treffen, wenn er von der Stimmabgabe zurück kommt.“
Der Wähler: „Nein, kann ich nicht. Er ist ja seit zehn Jahren tot. Da er aber seither immer noch regelmäßig seine Stimme abgibt, müsste er heute noch vorbeikommen.“
Wahlkampf als Daseinsvorsorge auch für den Fall einer Niederlage
In einem weiteren Witz aus der Region besucht ein Premierminister zusammen mit seinem Finanzminister im Wahlkampf einen Kindergarten. Noch an Ort und Stelle weist er den Finanzminister an, einen Scheck von 5.000,00 Euro zur Verbesserung der Lebensbedingungen in den Kindergärten zu unterzeichnen. Der Finanzminister tut, wie ihm geheißen.
Danach besucht man ein Gefängnis. Nun weist der Premier den Finanzminister an, einen Scheck von einer halben Million Euro für die Verbesserung der Lebensbedingungen im Gefängnis auszustellen.
Der Finanzminister wehrt sich: „Herr Premierminister, das steht doch in keiner Relation: 5.000 für die Lebensbedingungen in den Kindergärten und 500.000 für diejenigen im Gefängnis?
Der Premier erwidert knapp: „Denkst Du etwa, wenn wir die Wahl verlieren, kommen wir in den Kindergaten?“
Seitenhiebe auch auf deutsche Politik
Der an gleicher Stelle veröffentlichte Witz bezüglich Mazedoniens enthält auch einen Seitenhieb auf die aktuelle politische Situation in Deutschland:.
Angela Merkel befürchtet, die nächste Wahl zu verlieren. Deshalb ruft sie Nikola Grujevksi, bis vor kurzem mazedonischer Premier, an und bittet ihn um Mitthilfe.
Gruegvski, der in Mazedonien mit seiner Partei mit der schier unaussprechlichen Abkürzung VMRO-DPMNE die letzten Wahlen stets gewonnen hat, sagt zu, seinen Spezialisten für die positive Affirmation von Wahlergebnissen zu schicken.
Nach der Bundestagswahl wartet Gruveski vergeblich auf einen Dankesanruf von Merkel. Als der ausbleibt, ruft er selbst bei Merkel an, und fragt, warum sie sich denn nicht bedanken würde. Diese teilt ihm jeodch mit, dass sie keinen Grund dazu habe, da die CDU nur zweitstärkste Partei geworden sein.
Gruevski ist erstaunt und fragt, wer denn dann die Wahl gewonnen hätte.
Darauf Merkel: “Na, die VMRO-DPMNE“.
Fazit
Diese Witze (es gibt noch viel mehr) zeigen, dass man in der Region durchaus die politischen Ereignisse aufmerksam und kritisch verfolgt und auch mit Humor kommentiert.
Die Situation in Mazedonien lässt jedoch daran zweifeln, ob es gelingt bis zu den nun für 5. Juni vorgesehenen vorgezogenen Neuwahlen von Präsident und Parlament noch die erforderlichen Vorbedingungen für ordnungsgemäße Wahlen zu schaffen.
Auf Grund der nun bekannt gewordenen Unstimmigkeiten des Wählerverzeichnisses fragt es sich auch, wieso das Ausland die Verhältnisse in Mazedonien so lange unkommentiert gelassen hat. Jedenfalls sollte man ab sofort die dortigen Vorgänge aufmerksam beobachten.