Serbien: Was der 1000-Dinar-Geldschein erzählt – wenn man ihm zuhört

 

Auf den Euroscheinen sind, anders als früher auf der DM, keine Personen abgebildet. Dies ist verständlich, da es sicher schwierig wäre, in allen Euroländern Einigkeit über die Personen, die einer solche Ehre verdient haben, zu finden.

Geldscheine erzählen Geschichte

Es ist es aber auch schade. Schließlich kann man anhand der Personen auf Geldscheinen auch etwas über die Geschichte eines Landes erfahren, wenn man sich denn die Mühe macht, etwas über diese Personen zu googlen. So verhält es sich auch mit den Dinarscheinen.

Was der 1000-Dinar-Schein erzählt (wenn man „hinhört“)

Wer herausfinden möchte, wer auf den serbischen 1000 Dinarschein (der in etwa neun Euro wert ist) abgebildet ist, wird einiges Interessantes erfahren.

  • Dies reicht von der frühere multinationalen Bevölkerung in Teilen Serbiens
  • über Währungsprobleme bei der Gründung des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen
  • bis hin zur Entwicklung des Brauereiwesens in Serbien.

Für die einen Georg Weifert, für die anderen Djordje Vaifert

Der Abgebildete ist nämlich Georg Weifert, in Serbien Djordje Vaifert genannt.

Weifert gross

Er war – das verrät schon der Name – kein Serbe im eigentlichen Sinne, sondern Nachfahre von zugewanderten Österreichern (andere sprechen auch davon, dass Weifert Deutscher gewesen sei).

Pančevo/Панчево, Pantschowa, Pancsova: Damals multikulti, später Ort deutscher Kriegsverbrechen

Geboren wurde Weifert 1850 in Pančevo, einem kleinen Grenzort an der Mündung des Flusses Tamiš  in die Donau, der später Schauplatz eines von mehreren grausamen Kriegsverbrechen von Deutschen an Serben werden sollte.

In Weiferts Kindheit waren die nationalen Beziehungen dagegen gut. Die Bevölkerung der Stadt setzte sich damals aus Serben, Deutschen und Ungarn zusammen.

Offensichtlich lebte man nicht nebeneinander, sondern vermischte sich auch im Alltagsleben.

So kam es, dass der kleine Georg zuerst die deutsche Grund- und dann die ungarische Mittelschule besuchte. Deshalb konnte er seine Ausbildung auch  an der Handelsakademie in Budapest fortsetzen, wo er 1869 diplomierte. Danach studierte er Brauereiwissenschaft im bayerischen Weihenstephan.

Weihenstephan und Spatenbräu stehen Pate für serbisches Bier

Diese gemischte ökonomische und brauereiwirtschaftliche Ausbildung lag nahe, da sein Vater, nachdem er eine Zeit lang in der Münchner Spatenbrauerei gearbeitet hatte, zusammen mit seinem Großvater 1865 außer der Brauerei in Pancevo auch eine in Belgrad erworben hatten.

Dieser Hintergrund erklärt auch, welches Gebäude sich auf dem Geldschein hinter Weifert befindet:

Weifert Brauere
Natürlich eine Brauerrei – und was für eine!

Für den Kauf einer Brauerei in Belgrad, entschied man sich, um die Transportkosten aus Pančevo zum Hauptabsatzmarkt Belgrad einzusparen. Man vermied damit aber auch die Zölle, die damals noch beim Handelsverkehr zwischen beiden Städten angefallen wären.

Den Weiferts gelangt es, die Brauerei zu einem der modernsten Industriebetriebe in dieser Zeit in Serbien auszubauen.

Eimerweise Bier x 7

In Folge dessen konnten sie den jährlichen Absatz von früher 3000 „Eimern“ (kofa) auf 20.000 steigern. Der Absatz versiebenfachte sich also. Respekt!

Und wer den Taschenrechner zur Hand nimmt. lernt ganz nebenbei, dass ein „Eimer“ Bier damals 100 Liter fasste.

Bergbau droht mit Fiasko und bringt dann doch Geldregen

Georg weitete die Geschäftstätigkeit der Familie aus und stieg in den Bergbau ein.

Dies endete beinahe in einem wirtschaftlichen Fiasko und brachte ihn an den Rand des Bankrotts. In der Belgrader Geschäftswelt entstand damals die Redensart, jemand sei

verrückt wie Waifert

lud kao Vajfert).

Als er jedoch auf reichhaltige Kupfervorkommen stieß, wandte sich das Blatt und er war irgendwann  kein potentieller Bankrotteur mehr, sondern wieder einer der reichsten Einwohner Serbiens.

Verantwortlich für jugoslawische Währungsunion

Der nächste Karriereschritt führte ihn in das Bankwesen und schließlich an die Spitze der Nationalbank.

Als deren Gouverneur musste er unter anderem die schwierigen Fragen im Zusammenhang mit der Herstellung einer Währungseinheit im neu gegründeten Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen lösen. Dieses umfasst

  • Gebiete aus zwei Königreichen (Serbien und Montenegro) sowie
  • Teile zweier früherer Imperien, die verschiedener nicht hätten sein können, nämlich von Österreich-Ungarn und des osmanischen Reiches.

Dementsprechend bestand auch unterschiedliche Wirtschafts-und Rechtssysteme, die zu vereinheitlichen waren. Darüber hinaus waren vier Währungen im Umlauf, nämlich der

  • serbische Dinar,
  • der montenegrinische Perper,
  • die österreichische Krone,
  • und in Teilgebieten auch der Lew.

Eine schwierige Frage war unter anderem  der Umtauschkurs zwischen diesen verschiedenen Währungen. Dieser wurde zwischen der österreichisch Krone und dem Dinar auf  vier zu eins festgelegt. Deshalb wurde auch auf den ersten Geldscheinen, neben dem Wert in Dinar, der vierfache Betrag in Kronen angegeben.

Diese Wechselkurs war nicht unumstritten. Insbesondere stand der Vorwurf im Raum, dass die österreich-ungarische Bevölkerung dadurch Nachteile erlitten hätte. (Weifert scheint also dem ansonsten auf dem Balkan  weit verbreiteten Phänomen der Zwangsverbrüderung mit eigenen Landsleuten nicht zum Opfer gefallen sein.)

Dinar schon zu Beginn des Staates unter Druck

Der jugoslawische Sozialismus könnte als sehr erfolgreich angesehen werden – wenn die Anzahl der Millionäre im Land ein Indikator für Erfolg wäre. Dieser Staat machte nämlich Millionen von Bürgern zu Millionären!

Nun gut: Eine Million Million Dinar hatte im Dezember 1989 gerade einmal den Gegenwert von ca. 13 DM.  Ganz so toll war diese Erfolgsgeschichte also doch nicht.

Die Beschäftigung mit Weifert zeigte einem auch, dass der jugoslawische Dinar schon am Anfang des Staates keine stabile Währung war.

Bis 1923  fiel er ständig. Erst dann bewegte er sich nach oben. Diese Stabilisierung wird unter anderem auf Politik der Nationalbank unter Leitung von Weifert zurück geführt.

Katholik, Serbe, Wohltäter

In Serbien wird Weifert auch heute noch als Mensch geschätzt.

Unter anderem engagierte er sich mit großen Summen für soziale Zwecke und hinterließ dem Nationalmuseum und der Belgrader Universität seine mit 14.000 Exemplaren reichhaltige Münzsammlung.

Besonders hoch rechnet man ihm an, dass er als Katholik sich immer als auch als Serbe gefüllt hat. Dies zeigte er unter anderem nicht nur durch großzügige Spenden für das serbische Militär im serbisch-türkischen Krieg  und dem Balkankrieg 1912 Uhr, sondern auch durch persönlichen Einsatz als Freiwillige in der Kavallerie im serbisch-türkischen Krieg.

Museum und Infos im Internet

Weitere Informationen zur ihm findet man unter anderem in einem umfangreichen, in serbischer und englischer Sprache publizierten Beitrag der Wissenschaftlerin .

Die Brauerei in Pancevo ist heute ein Museum, das in Anwesenheit des deutschen Botschafters eingeweiht wurde.

Wer nicht nach Pancevo reisen kann, hat im Internet sich über Werbespots mit dem Bier näher vertraut zu machen.

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