Urteil gegen Karadzic im Spiegel der TV-Berichterstattung in der Region

 

Am 24. März 2016 sprach das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag das Urteil gegen den früheren Präsidenten der Republik Srpska Radovan Karadzic. Dieser wurde zu 40 Jahren Gefängnis wegen Kriegsverbrechen verurteilt.

Es steht zu hoffen, dass dieses Urteil – anders als der Prozess selbst – in den deutschen Medien breiten Niederschlag finden wird. Deshalb sollen hier nur einige Beobachtungen dazu, wie das Urteil in der Region aufgenommen wurde, mitgeteilt werden. Grundlage für diese Bemerkungen sind vor allem ein langer Tag vor dem Fernseher, an dem mit der Fernbedienung in der Hand die Berichterstattung während und nach der Urteilsverkündung verschiedener Fernsehsender in Bosnien und Herzegowina sowie Serbien verfolgt wurden.

Unzufriedenheit – Aus gegensätzlichen Gründen

Gemeinsam ist diesen unterschiedlichen Berichten, dass auf allen Seiten vorwiegend eine deutliche Unzufriedenheit mit dem Urteil herrschte.

In den Programmen der Föderation Bosnien und Herzegowina wurde bemängelt, dass keine lebenslängliche Verurteilung erfolgte. Außerdem wurde kritisiert, dass zwar eine Verurteilung wegen Genozids in Srebrenica erfolgte, aber keine wegen Genozids wegen verschiedener Massaker in sieben bosnischen Gemeinden, die bereits 1992 stattfanden.

Dadurch, so die Kritiker, würde Srebrenica als einmaliger Exzess am Ende einer langen Entwicklung dastehen und nicht deutlich werden, dass bereits von Anfang an Pläne zur Auslöschung bosnischer und kroatischer Volkszugehörige bestanden hätten.

Urteil wird teilweise falsch verstanden

Im Rahmen der diesbezüglichen Kritik ging teilweise sogar unter, dass zumindest bezüglich Srebrenica eine Verurteilung wegen Genozids erfolgte. Auch wurde nicht immer deutlich, dass auch bezüglich der angesprochenen sieben Gemeinden kein Freispruch erfolgte, sondern wegen Beteiligung an Mord und völkerrechtswidrigen Handlungen verurteilt wurde. Insgesamt wurde Karadzic wegen zehn von elf Anklagepunkten verurteilt.

In der Republik Srpska wurde das Urteil – erwartungsgemäß – als ungerecht empfunden. Nach Auffassung des jetzigen Präsident der Republika Srpska Dodik leistet das Haager Tribunal keinen Beitrag zur Versöhnung, weil es vorwiegend Serben verurteilen würde. Außerdem stellte er fest, dass ein Urteil gegen einen Einzelnen nicht die Existenz der Republika Srpska in Frage stellen. Schließlich  kritisierte er auch, dass das Urteil am Jahrestag des Beginns der Bombardierung von Serbien durch die NATO verkündet wurde.

Das Fernsehen der Republika Srpska ließ in einer Nachrichtensendungen zur Verurteilung zuerst ein Mitglied des Verteidigungsteams von Radovan Karadzic zu Wort kommen, während im Fernsehen der Föderation Bosnien und Herzegowina Überlebenden und Vertretern von Opferverbänden breiter Raum eingeräumt wurde. Dementsprechend vorhersehbar – und diametral entgegengesetzt – waren die Kommentare der von den verschiedenen Sendern befragten Personen.

Bei den Studiogästen und Interviewpartnern in den verschiedenen Sendungen fanden sich jedoch auch Versuche, das Urteil auf einer sachlichen Basis vorläufig anzuordnen. Hierbei wurde zunächst mehrfach dabei hingewiesen, dass eine endgültige Bewertung erst nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegründung möglich sein dürfte.

Das Kriegsverbrechertribunal wurde von serbischen Kommentatoren kritisiert, weil es nicht freigesprochen hat. Diejenigen, die – im Gegenteil dazu – eine härtere Verurteilung gewünscht hätten, kritisierten weniger das Gericht als die Staatsanwaltschaft. Diese hätte die Anklage wegen der Massaker in den sieben genannten Gemeinden nicht umfassend genug untermauert.

Betroffene Bevölkerung vermisst Bemühungen des Gerichts um Akzeptanz

Weiterhin wurde kritisiert, dass das Gericht bislang keinerlei Bemühungen unternommen habe, sich der Bevölkerung in der Region verständlich zu machen und deshalb als „weit entfernt“ empfunden würde.

Als Beispiel hierfür wurden unter anderem der Umstand genannt, dass die Urteile in englischer Sprache ergeben und es mitunter Monate dauert, bis die Entscheidungen in die Landessprache(n) der Betroffenen übersetzt werden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es ist damit zu rechnen, dass beide Seiten Rechtsmittel einlegen. Ein endgültiges Urteil kö

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