(German text below/Deutsche Fassung unten)
In Serbia, 15 people have died in the collapse of the railway station platform in Novi Sad. The cause was probably sloppiness on the part of the construction company and the construction supervision. And corruption may also have been involved in the awarding and execution of the contract. This is the background to why this event has given rise to numerous protests, especially from students.
We recently travelled to Belgrade and Novi Sad.
Below are some impressions in short texts and pictures from this trip.
In Belgrade, slogans can be found on the pavement. However, they have nothing to do with the events in Novi Sad, but with another issue that is currently the cause of protests: the planned mining of lithium.
Once you know that, you understand why it says ‘You will not dig’.

We travell to Novi Sad by train, as we have done several times before. What was one of the most pleasant, fast and punctual train journeys we’ve experienced in a long time months ago is now a little awkward:
The train only runs as far as Petrovaradein, from there there is a rail replacement service, which is not pointed out either in announcements on the train or by notices from the station. We found out about this on the internet beforehand and join the convoy of other travellers.

After about 250 metres, we arrive at a bus stop on the main road. There it is up to the train travellers themselves to find out which buses are part of the regular city service (for which you would actually need a separate ticket), which are replacement services and when they run.
Also, the buses don’t necessarily have room for all travellers already now on the weekend. On weekdays, we are told, chaos reigns here.
When we arrive at the station, our annoyance at the uncomfortable journey on an overcrowded bus turns into dismay and sadness. Behind a fence is the entrance to the station, which we have often used ourselves over the past four decades.



In front of it, as in several other places in the city,



there are withered flowers, empty red plastic containers that once cocntained candles, soft toys and handwritten messages, for example:



- Your hands ar bloody: You will be held liable
- Either them od us! Vučić out!
- I am because I am offering resistance.
After all, such messages are not removed. Is it carelessness, a last remnant of democratic freedom of expression, fear of backlash or simply the feeling that the students`protests can not become dangerous anyway?



And red handprints everywhere. They denounce the fact that there is blood on the hands of those responsible.



- Peace, peace, peace! It is well known who is guilty.
- Justice. Everything is falling, there also you will.
Recently red paint bags were thrown at the historic town hall of Novi Sad during a demonstration. The president is said to have claimed afterwards that one million euros worth of damage was caused. A few days later, everything actually looks quite tidy again, apart from some red marks on some of the windows and the forecourt.


“The first property damage of one million euros, which was repaired within hours with the help of water”, jokes a friend.
Pedestrians stop in front of the memorial stone, read slogans and information, have a half-loud conversation or remain silent with a sad look in their eyes. Otherwise, live goes on normally. Also further up in the pedestrian zone the street musician playing drums is also drumming to pop songs undisturbed, as he often does.
In the evening at the hotel, back in Belgrade, I watch one of the private broadcasters whose job seems to be to pay homage to President Vučić. Messages are constantly scrolling across the screen, above and below. Among other things, there is talk of students having caused, literally, ‘chaos’ at a demonstration in Novi Sad today. But it couldn’t have been that big. I was just 500 metres away at the time of the demonstration without noticing anything. Many spectators in Belgrade, Niš, Kragujevac and Belgrade will nevertheless take these “news” for real.
These are not good days in Serbia at the moment.
Serbien: Eine winterliche Reise der etwas anderen Art
In Serbien sind 15 Menschen beim Einsturz des Bahnhofvorfaches in Novi Sad gestorben. Ursache war vermutlich Schlamperei, bei der bauausführenden Firma und bei der Bauaufsicht. Und möglicherweise war bei der Vergabe und bei der Durchführung auch Korruption im Spiel. Das ist der Hintergrund, warum dieses Ereignis Anlass für zahlreiche Proteste, vor allem von Studierten, ist.
Wir hatten jüngst in Belgrad und Novi Sad zu tun.
Nachfolgend einige Eindrücke in kurzen Texten und Bildern von dieser Reise.
In Belgrad finden sich Slogans Protestierende auf dem Gehsteig. Sie haben jedoch nichts mit den Ereignissen in Novi Sad zu tun, sondern mit einem anderen Thema, das gegenwärtig Anlass von Protesten ist: Der geplante Abbau von Lithium.
Wenn man das weiß, versteht man auch, warum hier steht „Ihr werdet nicht graben“.
Nach Novi Sad fahren wir, wie einige Male vorher mit dem Zug. War vor Monaten noch eine der angenehmsten, schnellsten und pünktlichsten Zugfahrten, die wir lange erlebt haben, war, gestaltet sich jetzt etwas umständlich:
Der Zug fährt nur bis Petrovaradein, ab dort gibt es einen Schienenersatzverkehr, auf den allerdings weder in Durchsagen im Zug noch durch Hinweise ab dem Bahnhof hingewiesen wird. Wir haben das vorher im Internet erfahren und schließen uns der Kolonne der anderen Reisenden an. So kommen wir nach etwa 250 m an eine Bushaltestelle an der Hauptverkehrsstraße. Dort ist es den Zugreisenden selbst überlassen, herauszufinden, welche Busse zum ordentlichen Stadtverkehr gehören (für den man eigentlich eine gesonderte Fahrkarte bräuchte), welche Ersatzverkehr sind und wann diese jeweils fahren.
Auch haben die Busse nicht unbedingt Platz für alle Reisenden. Dabei ist es Wochenende. An Werktagen, so berichtet man uns, herrscht hier das Chaos.
Am Bahnhof angekommen, schlägt die Verärgerung über die unbequeme Fahrt in einem überfüllten Bus in Betroffenheit und Trauer um. Hinter einer Umzäunung befindet sich der Eingangsbereich des Bahnhofes, den wir in den letzten vier Jahrzehnten auch oft selbst benutzt haben.
Davor, ebenso wie an einigen anderen Stellen der Stadt, verdorrte Blumen, leere rote Plastikbehälter, die einmal Kerten beinhaltet haben, Stofftiere , Fotos der verstorbenen und handgeschriebene Nachrichten. Beispielsweise solche:
- Ich lehne mich auf, deshalb bin ich.
- Entweder sie oder wir. Vučić muss weg!
- Alles fällt, deshalb auch ihr!
- Gerechtigkeit!
- An Euren Händen klebt Blut.
Immerhin: solche Botschaften werden nicht entfernt. Ist es Nachlässigkeit, ein letzter Rest von demokratische Meinungsfreiheit, Angst vor Gegenreaktion oder schlicht das Gefühl, dass einem die Studentenpodeste ohnehin nicht gefährlich werden könnten?
Und überall Abdrücke von roten Händen. Sie klagen an, dass an den Händen der Verantwortlichen Blut klebt.
Das historische Rathaus von Novi Sad wurde kürzlich bei einer Demonstration mit roten Farbbeutel beworben. Der Präsident soll hinterher davon gesprochen haben, dass ein Sachschaden von einer Million Euro entstanden sei. Heute, wenige Tage danach, sieht eigentlich alles wieder ganz ordentlich aus, abgesehen einmal von roten Fahrspuren an einigen Fensterahme und am Vorplatz.
„Der erste Sachschaden von einer Million Euro, der innerhalb von Stunden mithilfe von Wasser beseitigt werden konnte“, witzelt ein Freund.
Spaziergänger bleiben vorher den Gedenkstein stehen, lesen Parolen und Informationen, unterhalten sich halblaut oder veharren stumm Stimme mit traurigen Blick. Ansonsten wirklich statt normal. Auch der Schlagzeug spielende Straßenmusiker trommelt weiter oben in der Fußgängerzone unbehelligt zu Popsongs wie er das häufig tut.
Abend im Hotel, wieder in Belgrad, sehe ich einen der Privatsender, deren Aufgabe vor einem dauern zu bestehen scheint, dem Präsidenten Vučić zur huldigen. Dort laufen, oben und unten, ständig Meldungen über den Bildschirm. Unter anderem ist da die Rede davon, dass die Studierenden heute bei einer Demonstration in Novi Sad ein , so wörtlich, „Chaos“ angerichtet hätten. So groß kann dies aber nicht gewesen sein. Ich war genau zur Zeit dieser Demonstration gerade einmal 500 m entfernt, ohne etwas gemerkt zu haben. Viele Zuschauer in Belgrad, Nies,Kragujevac und Belgrad werden Nachricht dennoch für bare Münze erhalten
Es sind keine guten Tage derzeit in Serbien
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